Dass bei Wohneigentumsgemeinschaften (WEG) die Wohnnutzung im Mittelpunkt steht, legt eigentlich schon der Name nahe. Andererseits ist es auch nicht völlig unüblich, dass in solchen Wohnanlagen auch das eine oder andere Gewerbe angesiedelt ist, etwa Arztpraxen, Ateliers, Büros oder Kindertagesstätten. Diese Entscheidung steht Eigentümern und Eigentümerinnen allerdings nicht völlig frei: Sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch das Bauamt müssen zustimmen. Was Sie beachten müssen, wenn Sie Ihre Eigentumswohnung gewerblich nutzen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Eigentümergemeinschaft und das Bauamt müssen der gewerblichen Nutzung zustimmen.
- Ob die gewerbliche Nutzung genehmigt wird, hängt insbesondere von einer möglichen Belästigung der Nachbarn und Nachbarinnen ab.
- Eine ungenehmigte gewerbliche Nutzung von Wohneinheiten kann zu Bußgeld- und Regressforderungen führen.
Rechtlicher Rahmen für Gewerbe in der WEG
Bei Wohnanlagen mit geteiltem Eigentum regelt gemäß Wohneigentumsgesetz die Teilungserklärung beziehungsweise die Gemeinschaftsordnung, ob Wohneinheiten gewerblich genutzt werden können. Darüber hinaus ist die gewerbliche Nutzung von Gebäuden in Wohngebieten häufig auch durch die Baunutzungsverordnung und andere baurechtliche Vorschriften eingeschränkt.
Grundsätzlich ist also zuerst zu prüfen, ob das Baurecht die geplante gewerbliche Nutzung an diesem Ort zulässt. Außerdem sollte, wenn die Teilungserklärung beziehungsweise die Gemeinschaftsordnung eine gewerbliche Nutzung nicht zulassen, diese bei der Hausverwaltung beantragt werden. Ist der Hausverwalter oder die Hausverwalterin nicht befugt, diese Entscheidung selbst zu treffen, befasst sich die Eigentümerversammlung mit der Frage. Gegen deren Entscheidung kann wiederum innerhalb eines Monats gerichtlich vorgegangen werden.
Herausforderungen und Konfliktpotenziale
Wie wahrscheinlich eine Genehmigung der gewerblichen Nutzung und ein konfliktfreies Miteinander von Wohnen und Gewerbe im Haus sind, hängt maßgeblich von der Art des Gewerbes ab. Insbesondere die folgenden Faktoren führen häufig zu Konflikten beziehungsweise aus Angst vor Wertminderung häufig auch zu Verweigerung einer Genehmigung:
- Lärm
- Häufiger Publikumsverkehr
- Geruchsbelästigung
- Gewerbeabfälle
Gewerbliche Nutzung, die von den Nachbarn und Nachbarinnen nicht einmal bemerkt wird, geschweige denn störend wirkt, benötigt in der Regel keine gesonderte Genehmigung. Hierzu zählt beispielsweise reine Homeoffice-Tätigkeit ohne Publikumsverkehr. Praxen, Büros mit Kundenverkehr und selbst die Tätigkeit als Tagesmutter in der eigenen Wohnung können wiederum die Nachbarn und Nachbarinnen beeinträchtigen, selbst wenn kein nennenswerter Lärm von ihnen ausgeht. Bei geringer Beeinträchtigung ist eine Genehmigung aber auch hier nicht unwahrscheinlich – insbesondere bei Wohneinheiten im Erdgeschoss.
Laute und anderweitig emissionsstarke Gewerbe, insbesondere im handwerklichen Bereich, bergen das größte Konfliktpotenzial. Hier ist auch die Abfallentsorgung zu beachten: Die Entsorgung von Gewerbeabfällen über die normale Hausmüllsammlung ist nach § 5 Gewerbeabfallverordnung nur erlaubt, wenn wenig Abfall anfällt und eine separate Entsorgung als Gewerbeabfall wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Ständig volle Papiercontainer wegen eines einzelnen Gewerbes mit hohem Paketaufkommen führen wiederum schnell zu Konflikten mit anderen Eigentümern und Eigentümerinnen sowie Mietern und Mieterinnen. Deshalb ist die gemeinsame Entsorgung über die für private Haushalte vorgesehenen Entsorgungswege in solchen Fällen nicht gestattet.
Zustimmung und Genehmigungsverfahren
Es ist wichtig, dass Sie mit dem Genehmigungsverfahren rechtzeitig beginnen: Läuft das Gewerbe bereits und die Genehmigung wird versagt, dann ist der Wechsel zu einem neuen Standort häufig deutlich komplizierter. Eine ungenehmigte gewerbliche Nutzung von Wohnräumen kann darüber hinaus insbesondere in Großstädten mit knappem Wohnraum empfindliche Bußgelder zur Folge haben, in Berlin bis zu 500.000 €. Zusätzlich können andere Eigentümer und Eigentümerinnen Regressansprüche für entstandene Schäden, etwa Wertminderung, geltend machen. In der Regel sollten Sie diesen Schritten folgen:
- Prüfen der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung: Ist die gewünschte gewerbliche Nutzung für Ihre Einheit erlaubt, prüfen Sie zusätzlich, ob es baurechtliche Einschränkungen gibt. Hier ist auch festgelegt, ob Sie die Nutzungsänderung bei der Hausverwaltung oder direkt bei der Eigentümergemeinschaft beantragen.
- Prüfen der baurechtlichen Nutzungsmöglichkeiten: Erkundigen Sie sich beim Bauamt, ob die gewünschte Nutzungsänderung überhaupt Aussicht auf Erfolg hat.
- Beantragen der Nutzungsänderung bei der Hausverwaltung bzw. Eigentümergemeinschaft: Diese darf die Zustimmung nicht willkürlich verweigern, sondern muss sie konkret, etwa mit Belastungen für die Nachbarn und Nachbarinnen, begründen.
- Beantragen der Nutzungsänderung beim Bauamt: Je nachdem, ob die gewünschte gewerbliche Nutzung am Standort zulässig ist, entscheidet das Bauamt über die beantragte Nutzungsänderung.
Bei einigen Gewerbearten müssen Sie auch möglicherweise nötige bauliche Änderungen in Ihre Planung einbeziehen und prüfen, ob diese überhaupt am Standort umsetzbar sind. Hierzu zählen zum Beispiel strengere Brandschutzvorschriften für bestimmte Gewerbe.
Fazit
Nicht immer ist die gewerbliche Nutzung einer Wohneinheit im gewünschten Umfang möglich und mitunter kann es ein langer Weg zur Genehmigung sein, der eventuell auch gerichtliche Auseinandersetzungen einschließt. Darüber hinaus ist es sinnvoll, mögliches Konfliktpotenzial im Vorfeld zu erkennen und Lösungen für ein friedliches Miteinander zu planen. Gerne berate ich Sie als Fachanwalt für Miet-und Wohnungseigentumsrecht zu Ihren Plänen für eine gewerbliche Nutzung Ihrer Wohnung und den erforderlichen nächsten Schritten.